Wie entsteht Biogas

 

Biogas ist ein Naturprodukt und wird von anaeroben Bakterien überall dort gebildet, wo es keinen Sauerstoff gibt. Die Hersteller von Biogasanlagen nutzen dieses natürliche Prinzip in ihren Kraftwerken. Dort werden Energiepflanzen und biogene Reststoffe durch Vergärung in einen flexiblen Energieträger umgewandelt.

 

Schritte im Vergärungsprozes in Biogasanlagen läuft der natürliche Vergärungsprozess unter optimalen Bedingungen ab

Biogas ist zwar eine erneuerbare Energiequelle, aber keineswegs neu. Denn das methanhaltige Gas entsteht in der Natur überall dort, wo Biomasse unter Sauerstoffabschluss abgebaut wird. Zuständig sind dafür sogenannte Archaebakterien. Sie stammen aus der Urzeit, als auf der Erde noch andere Lebensverhältnisse herrschten. Heute leben sie in Sümpfen, stehenden Gewässern oder im Magen von Tieren und Menschen – also überall dort, wo es feucht ist und Sauerstoffmangel herrscht. Biogasanlagen nutzen die besondere Eigenschaft der Archaebakterien, um kostengünstig und klimaneutral Strom und Wärme zu erzeugen.

Die Biogasanlage simuliert den natürlichen Prozess

Anders als in der Natur läuft der Gärprozess hier kontrolliert und besonders effizient ab. Biologie und Technologie werden perfekt aufeinander abgestimmt. Damit ist es möglich, aus 1 ha Mais (10.000 m²) Spitzenerträge von bis zu 25.000 kWh Strom zu erzielen und so etwa sieben Haushalte ganzjährig zu versorgen. Der Wirkungsgrad moderner Anlagen ist beachtlich: Zusammen mit der Wärme liefert 1 ha Mais fünfmal mehr Energie, als für Anbau, Ernte und die Umwandlung in Biogas aufgewendet werden muss.

Blick in einen leeren Fermenter:
Rührwerke vermeiden die Bildung von Schwimm- oder Sinkschichten.

Fermenter sind das Herzstück

Auch wenn eine Biogasanlage aus vielen einzelnen Bauteilen besteht: Alle Komponenten sind in den meist schlüsselfertig gebauten Anlagen genau aufeinander abgestimmt und heute überwiegend automatisiert. Jedes Rührwerk, jede Pumpe und jeder Behälter lassen sich auf dem Bildschirm beobachten und steuern.

Die Bakterien selbst leben in den sogenannten Fermentern. Das sind große, luftdicht abgeschlossene Behälter aus Stahl oder Beton, in denen das Biogas entsteht. Als Nahrung erhalten sie organische Masse. Früher setzten Landwirte dafür vor allem Gülle oder Mist aus der Tierhaltung ein. Aber diese Stoffe liefern vergleichsweise wenig Biogas. Daher werden sie heute ergänzt durch Reststoffe aus der Nahrungsmittelproduktion, Bioabfall und Energiepflanzen.

Wie perfekt die Systeme aufeinander abgestimmt sind, zeigt das Beispiel der Substratzuführung: Speziell entwickelte Dosiersysteme füttern die Biomasse aufs Kilogramm genau in den Fermenter. Die Dosierer lassen sich so steuern, dass sie automatisch mehrmals pro Stunde kleine Mengen zuführen. Diese Menge wird über Wiegesysteme erfasst und im Computer gespeichert. Der Betreiber kann damit genau ablesen, wie viel Biogas aus den Rohstoffen gebildet wurde.

Im Fermenter herrschen exakt die Lebensbedingungen, unter denen die Bakterien optimal arbeiten. Dazu werden die wärmegedämmten Behälter in der Regel auf 35 bis 40 Grad Celsius (°C) geheizt. Den in Mais, Gras, Gülle und anderen Rohstoffen vorkommenden Kohlenstoff bauen die Bakterien in wenigen Tagen zu Biogas um. Robuste Rührwerke sorgen dafür, dass der Fermenterinhalt energiesparend durchmischt wird und das gebildete Gas entweichen kann. Das Biogas gelangt dann über eine Gasleitung in den Raum, in dem das BHKW steht.

Viele Anlagen setzen einen zusätzlichen Nachgärer ein, in dem das aus dem Fermenter kommende Substrat vergoren wird. Zum Schluss wird das weitgehend ausgegorene Material in das Gärproduktlager gepumpt.

Zusammensetzung von Biogas aus Energiepflanzen Typisches Biogas aus Energiepflanzen besteht im Wesentlichen aus Methan und Kohlendioxid

Biogas besteht zur Hälfte aus Methan

Das entstandene Biogas muss vor der Verbrennung noch entschwefelt und getrocknet werden. Denn Schwefelwasserstoff oder Wasserdampf im Gas können dem Motor schaden. 50 bis 60 Prozent des Biogases sind brennbares Methan. Den Rest bilden vor allem Kohlendioxid und zu geringen Anteilen Sauerstoff und Stickstoff. Das Methan verbrennt im Motor, während das Kohlendioxid in die Atmosphäre entweicht. Weil dabei nur die Menge an Kohlendioxid freigesetzt wird, die die Pflanze bei ihrem Wachstum aufgenommen hat, ist die Verbrennung von Biogas im Gegensatz zu herkömmlichem Erdgas klimaneutral.

Die Motoren sind robuste HightechMaschinen, die durch entsprechende Steuerungen flexibel auf den unterschiedlichen Methangehalt im Biogas reagieren. Ihr Wirkungsgrad hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und liegt heute bei über 40 Prozent. Das bedeutet: Mehr als 40 Prozent der eingesetzten Energie werden in Strom umgewandelt, aber auch der Rest kann zum Großteil genutzt werden.

Der Verbrennungsmotor treibt einen Generator an, der den gewünschten Strom erzeugt. Dieser wird in der Regel in das vorhandene Netz eingespeist.

Der Motor selbst muss mit Wasser gekühlt werden. Das auf 80 bis 90 °C aufgeheizte Kühlwasser, aber auch die Wärme aus dem Abgas, lassen sich über Wärmetauscher effizient nutzen, zum Beispiel in Schwimmbädern, Gewächshäusern, Ställen oder Wohngebäuden.

Einwaage der Futtermenge für die Versuchsfermenter

Hightechbranche Biogas

Die Entwicklung modernster Mess- und Verfahrenstechnik, intensive Forschung im Bereich der Biochemie und kreative Ingenieurleistungen beim Maschinenbau sind entscheidend für den Erfolg der deutschen Anlagentechnik. Nur so schaffen es die Betreiber, aus den nachwachsenden Rohstoffen Biogas mit hoher Qualität herzustellen. Die Messgeräte müssen für den Einsatz in den Biogasanlagen bezahlbar bleiben und trotzdem zuverlässig auch kleinste Veränderungen der Gaszusammensetzung anzeigen. Geforscht wird derzeit an Temperatur und Feuchtigkeit sowie daran, wie die Pflanzenzusammensetzung am besten auf die optimalen Lebensbedingungen für die Mikroorganismen abgestimmt werden kann. Die Minikraftwerke werden laufend auf Höchstleistungen getrimmt und müssen dabei die Schwankungen in der Gaszusammensetzung verkraften, ohne einen Leistungseinbruch zuzulassen.

Station zur Gasaufbereitung und Beginn der Erdgasleitung

Das Gasnetz: Speicher- und Transportmedium

Biogas kann entweder direkt am Ort der Entstehung über ein Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt werden oder man kann es über spezielle Biogasleitungen in Satelliten-BHKW verstromen, die in der Regel an Standorten mit großem und kontinuierlichem Wärmebedarf stehen. Die dritte Option – Biogas aufzubereiten und in das Erdgasnetz zu speisen – wird in Deutschland seit fünf Jahren praktiziert.

Das Gas muss dabei zunächst gereinigt und getrocknet werden. Anschließend wird der Methangehalt durch ein spezielles Aufbereitungsverfahren auf 96 bis 98 Prozent erhöht und damit auf Erdgasniveau gebracht. Biomethan unterscheidet sich in seiner chemischen Zusammensetzung dann nicht mehr von Erdgas und kann ohne Probleme wie sein fossiles Äquivalent genutzt werden: in externen BHKW zur Strom erzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung, zum Heizen und Kochen oder als Kraftstoff für Erdgasfahrzeuge. Durch die Entkopplung der Biogasentstehung vom Ort der Nutzung kann die Stromerzeugung dort erfolgen, wo die dabei anfallende Wärme sinnvoll eingesetzt werden kann. Das steigert die Effizienz der Anlage.

Im Gegensatz zu Erdgas hat Biogas den Vorteil, dass es nicht aufwendig gefördert und über lange Leitungen aus teilweise unsicheren Regionen der Welt transportiert werden muss. Zudem ist es klimaneutral, da beim Verbrennen von Biomethan nur die Menge an CO2 entweicht, die vorher von den Energiepflanzen gebunden wurde. Wird zur Erzeugung des Biogases zusätzlich Gülle oder biogener Abfall eingesetzt, verbessert sich die Klimabilanz noch weiter. Mit dem Biomethan von 1 ha Mais fährt ein Erdgasfahrzeug rund 70.000 km – anderthalb mal um die Welt.

Gerade vor dem Hintergrund der Energiewende und der damit verbundenen Frage nach dem Transport und der Speicherung von Strom spielt Biomethan eine wichtige Rolle: Mit dem Erdgasnetz steht ein Transportsystem zur Verfügung, dessen Kapazität noch lange nicht erschöpft ist und in dem sich große Mengen des Energieträgers Biomethan über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr speichern lässt. Neueste Forschungsprojekte untersuchen zudem die Umwandlung von Solar- und Windenergie in Wasserstoff, der sich durch Zugabe des bei der Gasreinigung in Biomethananlagen anfallenden Kohlendioxids in Methan umwandeln lässt (CO2 + 2 H2 = CH4 + O2). Dieses »Power to gas«-Verfahren könnte die Speicherung von Wind- und Sonnenstrom im Gasnetz ermöglichen.

Anschub notwendig

Im Dezember 2006 ging die erste Biomethananlage Deutschlands in Betrieb. Die rund 60 Biogasanlagen, die Ende 2011 aufbereitetes Gas ins Netz speisen, erzeugen zusammen gut 300 Mio. m3 pro Jahr – weniger als ein halbes Prozent des deutschen Gasverbrauchs. Gemessen an den Zielen der Bundesregierung läuft die Entwicklung schleppend: Bis zum Jahr 2020 sollten demnach 6 Mrd. m3 Biomethan durch das deutsche Erdgasnetz fließen. Um dieses Ziel noch zu erreichen, müssten pro Jahr 120 Biomethananlagen gebaut werden.

Um die unbestreitbaren Vorteile der Biomethaneinspeisung künftig effektiver nutzen zu können, bedarf es eines geeigneten Anschubinstruments. Der Fachverband Biogas e. V. fordert daher ein Erneuerbares-Gas-Einspeise- und Speichergesetz (EEGasG), das die Abnahmepflicht und effiziente Vergütung mit Marktkomponenten regelt und die für Investitionen in Biogas-Einspeiseprojekte notwendige Sicherheit schafft. So wie das EEG die Stromvergütung aus Erneuerbaren Energien seit mehr als zehn Jahren regelt und zu 7.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von bald 3.000 Megawatt (MW) beigetragen hat, könnte ein EEGasG in ähnlicher Weise die Gaseinspeisung voranbringen.